Volksbegehren - Stellungnahme der Proponent:innen
Nach der Sitzung im Sozialausschuss wurde den Proponent:innen das Protokoll dieser Sitzung zugesandt und sie wurden eingeladen, dazu Stellung zu nehmen. Am 18. November wurde diese Stellungnahme ausgearbeitet und an das Parlament geschickt.
- Niederschrift der Ausschhuss-Sitzung vom 3. November (58 Seiten)
- Stellungnahme der Proponent:innen dazu (pdf)
Am 1. Februar wurde das Thema wieder m Plenum diskutiert. Leider wurden
nur die skeptischen Argumente der Parteien bzw. ihrer \"Experten\"
wiederholt, nicht die Argumente der Proponent:innen bzw. die
Stellungnahme. (Link zur Mediathek des
Parlements)
Einzig die Idee eines Bürgerrates (für die Weiterentwicklung des
Sozialsystems) wurde positiv aufgenommen, aber nicht konkretisiert.
In der erwähnten Stellungnahme der Proponent:innen wurden die
wichtigsten Diskussionsthemen in vier Punkten zusammengefasst und
kommentiert:
- Das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE) soll keineswegs den
Sozialstaat abschaffen, sondern ihn weiterentwickeln. So ist es
selbstverständlich, dass mit dem BGE besondere Bedürfnisse (z.B. von
Behinderten) NICHT abgedeckt sind und Sozialversicherung und
Pensionen davon NICHT betroffen sind. Ein BGE soll Mindestsicherung,
Notstandshilfe, Pensionsausgleichszahlung und Familienbeihilfe
ersetzen und damit Verwaltung vereinfachen.
Das Bildungssystem und das Gesundheitssystem sollen davon also ebenso wenig nachteilig betroffen sein wie die Infrastruktur (öffentlicher Verkehr, Wasser, Energie, Wohnen etc.).
Aussagen und Befürchtungen diesbezüglich kamen von u.a. von Mag. Dr. Rolf Gleißner, Mag. Hanno Lorenz und Mag.a Verena Nussbaum.
- In der Diskussion wurden mehrmals Bedenken geäußert, dass die
ungleiche Verteilung der Care-Arbeit zwischen den Geschlechtern
durch ein BGE weiter zementiert würde. Tatsächlich würde ein BGE
dazu beitragen, dass Frauen generell - vor allem wirtschaftlich -
unabhängiger würden und eine ganz andere Verhandlungsposition in
Partnerschaften gegeben wäre.Losgelöst vom BGE muss das Ziel
„gleicher Lohn bei gleicher Arbeit für alle Geschlechter" in der
Erwerbsarbeit natürlich weiter verfolgt werden.
- Alle Fraktionen sind der Meinung, dass ein BGE nicht finanzierbar
sei. Diverse Modellrechnungen zeigen allerdings, dass es sehr wohl
möglich ist, das BGE in Österreich im Budget abzubilden. Die
Abqualifizierung eines BGE als „Gießkannensystem" ist insofern
falsch, da in den meisten Modellen Besserverdienende durch höhere
Besteuerung ihren Beitrag leisten werden.
In einigen Modellen liegt der Grenzwert bei einem monatlichen Erwerbseinkommen bei Brutto Euro 5.000. Ab dieser Höhe werden die Bezieher:innen mehr Steuern zahlen, als sie durch das BGE erhalten. Im Gegensatz zum in der Sitzung erwähnten Klimabonus, der tatsächlich mit der „Gießkanne" ausgeschüttet wurde, ist das BGE in diesen Modellen kein Zuverdienst für alle. Das BGE ist ein deutlicher Beitrag zur Umverteilung von oben nach unten und stärkt dadurch den sozialen Zusammenhalt innerhalb der Gesellschaft.
- Das BGE ist keine „einfache" Lösung, wie es Karl Öllinger ausgedrückt hat. Daher schlagen wir im Volksbegehren ja auch vor, dass „über Höhe, Finanzierung und Umsetzung nach einem Prozess, an dem die Zivilgesellschaft maßgeblich beteiligt ist" gesprochen werden soll. In diese Richtung geht auch unser Vorschlag für einen Bürger:innen-Rat.
Wir bedanken uns ausdrücklich für die wertschätzende Diskussion, die
inhaltlich weiterführenden Impulse und auch für einige, dem
Bedingungslosen Grundeinkommen wohlwollend gesinnten Beiträge. Wir
werden weiter mit den Abgeordneten und Experten im Gespräch bleiben.
Allgemein konnten wir in der Sitzung feststellen, dass die Angst vor
bedeutenden Veränderungen bei den Abgeordneten tief sitzt.
Paradigmenwechsel und die Arbeit an langfristigen Lösungen werden
zugunsten des Erhalts des Status Quo bzw. einer Politik der kleinen
Schritte verhindert. Uns ist klar, dass die Einführung eines
bedingungslosen Grundeinkommens in Österreich „nach dem Zeitalter der
liberalen Grundrechte (im 18. Jhdt.), dem Zeitalter der politischen
Grundrechte (im 19. Jhdt.) und dem Zeitalter der sozialen Grundrechte
(im 20. Jhdt.) ein neues Zeitalter der ökonomischen Grundrechte im 21.
Jhdt." (Zitat Dr.in Elisabeth Dreer, JKU) einläuten und große
gesellschaftliche Veränderungen anstoßen würde. Wir glauben nach wie
vor, dass das BGE eine große Chance wäre, den notwendigen Entwicklungen
und Maßnahmen (Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Demokratie, sozialen
Frieden, Armutsbekämpfung, ...) die richtige Richtung zu geben.