Damit ist die Frage, wie ein Grundeinkommen in einem bestimmten Land – oder einer größeren Gemeinschaft wie Europa – finanziert werden soll, natürlich längst nicht beantwortet. Je nach vorgesehener Höhe und ergänzenden Vorstellungen würde ein Grundeinkommen ein Drittel bis zur Hälfte des Brutto-Sozialprodukts – all dessen was an Gütern und Leistungen zur Verfügung steht - in Anspruch nehmen. Grundeinkommen heißt, dass das laufend erarbeitete Einkommen anders verteilt werden muss. Allerdings wird bereits heute ein großer Teil des BSP über Steuern und Sozialabgaben umverteilt.
Da Grundeinkommen in erster Linie jenen zugute kommen würde, die heute zu wenig haben, würde zusätzliche Kaufkraft in den Konsum vor allem von Grundbedarfsgütern fließen und könnte damit zu einem gewissen Wachstum dieses Sektors führen.
Grundeinkommen soll dazu beitragen, das bestehende System gerechter zu machen, den Sozialstaat weiterzuentwickeln, um den Herausforderungen des Wandels der Arbeitswelt und der Globalisierung zu entsprechen. Grundeinkommen soll dazu dienen, Armut zu vermeiden, Flexibilität und selbstbestimmte Arbeit zu ermöglichen.
„Die Finanzierung des BGE erfordert einen Umbau des Steuer- und Sozialversicherungssystems“ – dieser Grundsatz (cf. attac Österreich) gilt zumindest für die europäischen Sozialstaaten. Auf dieser Basis gibt es bereits eine große Zahl von mehr oder weniger genau durchgerechneten Vorschlägen für ein Grundeinkommen z.B. in Deutschland, in der Schweiz und auch in Österreich.
Gemeinsame Grundlage all dieser Vorschläge ist die Integration des BGE in die Einkommensteuer. Grundsätzlich bekommt jede Person ein Grundeinkommen; wer zusätzlich Einkommen erzielt, durch Erwerbsarbeit, selbständige Arbeit, eventuell auch Kapitaleinkommen (falls Zinsen etc. nicht anders besteuert werden), bezahlt nach einem progressiven Steuersatz Einkommensteuer, die auf das Grundeinkommen angerechnet wird. Je nach Modell fällt das Grundeinkommen (das als Negativsteuer verstanden werden kann) weg, und (positive) Steuern sind zu bezahlen. Das heißt: Jeder und jede bekommt ein Grundeinkommen, wer mehr verdient zahlt es mit Steuern zurück.
Finanzierung durch Einkommensteuer
Eine Finanzierung des Grundeinkommens allein durch Steuern auf Erwerbseinkommen würde eine sehr hohe Besteuerung höherer Einkommen verlangen und wäre aus unterschiedlichen Gründen nicht gerecht. Zwar beruht jede Arbeit auf dem, was andere vor uns geleistet haben (all dem, was in Jahrtausenden der Menschheitsgeschichte entwickelt, erfunden, erforscht wurde, was andere – unsere Mütter – für uns getan haben, was an Infrastruktur und Leistungen zur Verfügung steht – und nicht zuletzt auf dem, was die Erde uns gibt).
Der größte Teil unseres Erwerbseinkommens ist in Wahrheit nicht der persönlichen Leistung einer Person zuzuschreiben, sondern beruht auf unbezahlter Arbeit anderer und auf Grundlagen, die allen gehören. Würde der größte Teil davon weggenommen zugunsten derer, die anscheinend nichts beitragen, wäre die Empörung groß – auch wenn es gerecht wäre (und wer bestimmt das Maß ?).
Grundeinkommen ist ein gesellschaftliches Recht, das auf dem Menschenrecht beruht und einen Teil dessen verteilt, was allen gehört.
Was durch Grundeinkommen ersetzt wird:
Grundeinkommens kann bestehende Sozialleistungen ersetzen wie
- Familienbeihilfe, Familienabsetzbeträge u. andere Geldleistungen für Familien,
- armutsbezogene Leistungen wie Bedarfsorientierte Grundsicherung, Notstandshilfe (bei längerer Arbeitslosigkeit), Ausgleichsleistungen z.B. auf niedriges Arbeitslosengeld,
- Ausgleichszulagen zu den Pensionen („Mindestpension“),
- Stipendien und manche Subventionen.
Diese Leistungen fallen in dem Maße weg, als Grundeinkommen die bisherige Leistung übersteigt und damit ersetzt. Die Kosten dafür können bei der Berechnung der Kosten eines Grundeinkommens in Abzug gebracht werden.
Sozialversicherungen werden nicht oder nur teilweise ersetzt:
- Mit dem Grundeinkommen muss eine Krankenversicherung verbunden sein, darüber besteht weithin Konsens.
- Eine Arbeitslosenversicherung als Überbrückung bei nicht geplanter Arbeitslosigkeit und
- eine (umlagefinanzierte) Sozialversicherungspension, die analog zu Erwerbseinkommen mit dem Grundeinkommen zu verbinden (und zu besteuern) wäre, könnten in angepasster Form weiter bestehen.
Grundeinkommen soll den Sozialstaat nicht einfach ersetzen, sondern ergänzen, d.h. in das bestehende System integriert werden.
Weitere Quellen der Finanzierung
Je nach Höhe des Grundeinkommens und Höhe der Einkommensteuern bleibt weiterer Finanzierungsbedarf. Die diesbezüglichen Möglichkeiten, von Kapitalertragssteuer, Kapital- und/oder Erbschaftssteuern, Grundsteuer, Kapitaltransaktionssteuer u. dgl. werden breit diskutiert – mit allen Möglichkeiten und Grenzen.
Ressourcensteuern
Bereits heute werden Steuern auf CO2-Verbrauch und Energie erhoben, meist, um deren Verbrauch zu begrenzen. Diese und ähnliche Steuern auf Rohstoff- und Umweltverbrauch könnten (und werden in manchen Ländern) zur Finanzierung sozialer Zwecke verwendet werden.
Der Alaska Permanent Fonds, der aus den Gewinnen der Ölforderung des Landes gespeist wird, zahlt jährlich einen Teil der Gewinne in Form eine Dividende an alle Einwohner des Landes. Ähnliche Modelle, Bewohner an den Rohstoffeinnahmen eines Landes teilhaben zu lassen, gibt es inzwischen auch in anderen Ländern.
Auch in Europa ist es möglich, Steuern auf natürliche Güter und deren Verbrauch, und auf andere Gemeingüter (Verwendung abgelaufener Patente?), einzuheben. Dazu braucht es weitere Überlegungen und Initiativen – nicht zuletzt auch in Bezug auf den notwendigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel, zu dem Grundeinkommen einen Beitrag leisten soll.
Die Erde gehört allen Menschen gemeinsam, ebenso wie all das, was menschliche Arbeit und
Erfindergeist in Jahrtausenden hervorgebracht hat. Alles, was Menschen heute tun und arbeiten, unser ganzes Leben ist von dieser Grundlage abhängig. Es wäre gerecht, alle Menschen – unabhängig von aktuell geleisteter Arbeit – daran teilhaben zu lassen.
Finanzierung durch Produkt- bzw. Mehrwertsteuer
Manche Organisationen oder Vereinigungen, die für Grundeinkommen eintreten, schlagen eine Finanzierung ausschließlich durch eine Produkt- oder Mehrwertsteuer vor.
Das kann bedeuten, die Lohnnebenkosten (v.a. Sozialversicherungsbeiträge der ArbeitgeberInnen wie der ArbeitnehmerInnen) durch eine Endbesteuerung des Produktes – die dann in der Regel 100 % betragen müsste – zu ersetzen. Da alle Beschäftigten ein Grundeinkommen erhalten, könnten die Lohnkosten wesentlich niedriger sein – nicht nur weil die Nebenkosten wegfallen, sondern darüber hinaus, weil auch ein niedrigeres, ausbezahltes Arbeitseinkommen plus Grundeinkommen zum Leben reichen würde; insbesondere unter der Berücksichtigung des höheren Familieneinkommens (alle Familienmitglieder haben ihr eigenes Grundeinkommen). Höhere Erwerbseinkommen (alles, was über dem Grundeinkommen liegt) werden mit progressiven Steuern belastet.
Da gleichzeitig die Lohn-Nebenkosten (mit denen Sozialversicherungen und andere Sozialleistungen wie z.B. in Österreich der Familienfonds finanziert werden) ebenfalls wegfallen, würden Lohnkosten stark verbilligt.
Da die Sozialversicherungsbeiträge der AG und AN wegfallen, würden in der Folge auch die entsprechenden Versicherungsleistungen: Kranken-, Arbeitslosen-, Pensions- Versicherung, wegfallen; sie wären ja durch das Grundeinkommen ersetzt.
Die Befürworter solcher Szenarien erhoffen sich vor allem billige Arbeit, auch zusätzliche Arbeitsplätze durch die geringeren Arbeitskosten und damit auch eine Erhöhung der internationalen Konkurrenzfähigkeit. (Auch, weil für Exporte keine Mehrwertsteuer anfällt, die andererseits auf Importe aufgeschlagen würde: Importierte Güter würden damit im Inland teurer).
Obwohl es unterschiedliche Ausformulierungen dieser Grundidee gibt, cf. VIVANT (www.vivant.org) oder Götz Werner, ist allen die Grundausrichtung gemeinsam.
Als Problem ist auch zu sehen, dass nur diejenigen die hohe Steuer bezahlen, die ihr Geld zum Leben brauchen. Wer Geld anlegt, im Ausland investiert, zahlt keine Mehrwertsteuer und leistet damit keinen Beitrag zur Finanzierung des Grundeinkommens.
Eine Teilfinanzierung des Grundeinkommens durch einen moderaten Zusatz zur Mehrwertsteuer ist trotz der Nachteile denkbar.
Schrittweise Einführung
Da die Einführung eines Grundeinkommens in einem Schritt, in bedarfdeckender Höhe für alle schwer vorstellbar ist, ist es sinnvoll, mögliche Schritte zu überlegen. Denkbar wäre
- ein Grundeinkommen für Kinder und Jugendliche: durch Erhöhung der existierenden finanziellen Kinder- und Familienbeihilfen, Stipendien u.dgl. auf ein jeweils bedarfdeckendes Niveau,
- eine allgemeine Alterssicherung (Mindestpension), ohne spezielle Bedarfsprüfung, als Ergänzung bzw. Ersatz einer Pension, für alle ab einem bestimmten Alter
Eine andere Möglichkeit wäre ein Teil-Grundeinkommen:
- Steuer-Absetzbeträge, die allen ausbezahlt oder mit der Steuer verrechnet werden (nach dem Muster der Kinder-Absetzbeträge). Damit würden vor allem niedrige Einkommen, nicht zuletzt aus Teilzeitbeschäftigungen im Niedriglohnbereich, erhöht werden,
- oder als begrenzter Betrag, der allen BewohnerInnen eines Landes bedingungslos ausbezahlt wird, jedoch nicht zum Leben reicht. Eine solche allgemeine Geldleistung könnte aus speziellen Einkommen aus Bodenschätzen und/oder Ressourcen-Verbrauchssteuern und Ähnlichem finanziert werden.